Freitag, 12. August 2011

Klage-Lied der Deutschen: Mauerbau 13/August/1961 (1961 - 1989)



Die Berliner Mauer fiel in der Nacht von Donnerstag, dem 9. November, auf Freitag, den 10. November 1989, nach über 28 Jahren

Über dem blassen Foto des Beginns der DDR-Mauer Bernauer Strasse (3) steht hier bei mir die erste Strophe des Deutschland-Liedes in der Original-Schrift von Hoffmann von Fallersleben. Das ganze Lied lautet:

1961 wurde Deutschland, 1991 das Deutschland-Lied zerstückelt. Ein Teil des Originals wurde herausgerissen. 1991 wurde dieser Teil von BK Helmut Kohl und BP Weizsäcker zur National-Hymne erklärt. Die Deutschen wurden erneut nicht gefragt.

Statt brüderlichen Zusammenhalt gab es den kalten Stellvertreter-Krieg in Deutschland. Wunden, Tote, zerrissene Familien, Feindschaft und DDR-Spionage dominierten die Mauer-Jahre. Statt Herz und Hand gab es Stachel-Draht und Todes-Schüsse an der Mauer. Statt "Auferstanden aus Ruinen", wie es in der DDR-Hymne hieß, war die Realität: Eingemauert auf Ruinen. (2)  

Bundes-Präsidenten, Kanzler, Bundestags-Präsidenten, Parlamentarier und  Abgeordnete - sie alle gaben sich keine Mühe, das Lied, seinen Sinn und seine Geschichte als Ganzes zu erhalten. Sie kamen nicht auf die Idee, den Kultur-patriotischen Gehalt aller Strophen zu bewahren. Sie ließen es beim Mauerbau zwischen der zweiten und dritten Strophe. Sie deklassierten die erste Strophe wegen Hitler. Auch seien darin die Sprach-Grenzen, die Hoffmann von Fallersleben zog, ja falsch.

Zufällig blieb die nationale Aufgabe, das Deutschland-Lied wegen der veränderten Geschichte etwas umzuschreiben, um die Kern-Aussagen des Dichters zu erhalten, irgendwie an mir hängen. Aus einer Laune heraus schrieb ich um. Seitdem entstanden in Abständen verbesserte Versionen, entstanden vier zusätzliche Strophe im gleichen Versmaß und gelegentlich kleine Korrekturen im Eigenbau, denn leider beteiligte sich niemand daran. Das "Lied der Deutschen" blieb und bleibt als historisches Dokument bestehen. Seine Schöpfung aus einem Guss blieb unangetastet. Für den Zweck einer National-Hymne für die Deutschen nach dem Mauerfall enstand, angeregt vom "Lied der Deutschen", etwas Neues, die Nation-Hymne. Seitdem gibt es eine National-Hymne als brutaler Schnitt durch die dichterische Freiheit des Originals und eine Nation-Hymne, die Deutschland in seinem Wert beschreibt und patriotische Gedanken und Gefühle von Hoffmann von Fallersleben aus allen drei Strophen, und nicht nur aus der dritten, herüberrettet.

Die Österreicher machen sich gegenwärtig Gedanken darüber, ob die Zeile "Heimat bist du großer Söhne" nicht geändert werden muss, weil die "Töchter" der Nation zu kurz kommen. Sowieso wurde am Original-Text herumgedoktert. Man gibt sich redliche Mühe. Vorschläge werden auf Titelblättern von Zeitungen wie nationales Heiligtum behandelt. Ergänzung 5/Febr/2012: Das Parlament hat einen neuen Text beschlossen, das Versmaß ist nun aber kaputt.

In Deutschland dagegen ist Schweigen. Zaghaft meldete sich ein Sprortler, unsere National-Hymne sei zu kurz, ein internationaler Sieg kann wegen der Kürze der Abspielzeit gar nicht so richtig ausgekostet werden. Und analog zu Österreicht mehren sich Stimmen, dass die Zeile "brüderlich mit Herz und Hand" ebenfalls den weiblichen Teil der Bevölkerung unter den Tisch fallen lässt, das "Glück im Glanze" also nur auf den männlichen Teil Deutschlands bezogen sei.

Das offizielle Deutschland muss sich nur mit der dritten Strophe des Deutschland-Liedes befassen, die Nation-Hymne allerdings muss es auch mit der ersten tun, denn sie ist mit dabei. Die Zeile "Deutschland, Deutschland über alles" wurde darin gerettet, aus dem Hitler-Mief befreit und in einen unbedenklichen Zusammenhang gestellt, die Sprachgrenzen wurden umgangen. Die ersten beiden Zeilen deuten an, warum es "über alles" und nicht "über allem" heißt.

Gestern fiel das Wort "brüderlich" weg, das noch enthalten war. Die erste Strophe wurde damit an die Österreichische Frauenrechts-Initiative angepasst, wurde sogar besser, wie ich meine. Nur das "Vaterland" in der dritten veränderten Strophe ließ ich weiter bestehen, weil der Begriff eine historische Dimension hat und im Sprachgebrauch verankert ist; "Mutterland" setzte sich nicht durch. Man kann darüber diskutieren. Leider fehlt es mir an Gesprächs-Partnern. Wie sieht die Strophe nun aus? Aus diversen Alternativen schlage ich nun die folgende Version vor, in der gleich die erste Zeile die Fehlinterpretationen der ersten Strophe des Deutschland-Liedes richtig stell; zugleich finde ich, dass die Zeile auch eine Titel-Überschrift sein kann. Google wird also hoffentlich die folgende Überschrift registrieren:


Deutschland geht uns über alles

Deutschland geht uns über alles,
über alles in der Welt, (1)
weil es uns und unsre Kinder
unter seinen Schutzschirm stellt!
Von den Küsten zu den Alpen
über Flüsse, Seen erschallt:
Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt!

In diesen Minuten findet in Berlin eine Gedenk-Veranstaltung zum 50. Jahrestages des Mauerbaus  statt. Zweimal schaute ich über die Deutsche Welle dem Ereignis zu. Aber beide Male empfand ich die "Feier" derartig verkrampft, so dass ich einfach nicht länger hinschauen konnte und zu meiner Arbeit zurück kehrte. Gut war die Aussage von Bundes-Präsident Wulff, eine Verklärung der DDR dürfe es nicht geben.

Schulden-Wowereit

Insgesamt aber: so wie diese Feier, so verkrampft und auch so lasch, man musste nur auf die schlaff gekrümmte Körperhaltung des amtierenden Oberbürgermeisters von Berlin Wowereit schauen, kommt mir die ganze Nation vor, wenn es um ihr Identitäts-Bewusstsein geht.

Vielleicht kann die umgedichtete erste Strophe des "Liedes der Deutschen" die Verkrampfung lösen. Ich weiß es nicht, hoffe es. Enthalten ist die zentralen Aufgabe eines Staates, nämlich Schutzschild für seine Bürger zu sein. Und seine Bürger sind nämlich alle Menschen mit einem deutschen Pass.

Bei YouTube existiert eine sehenswerte dreiteilige Video-Folge über das Deutschland-Lied. Der beste Teil ist gleich der erste. Die Melodie des Kaiserliedes, die dem Deutschland-Lied später zugrunde gelegt wurde, stammt aus diversen Quellen und kompositorischen Ideen. Sie werden gezeigt. Sehr plötzlich verfällt die Folge jedoch in den fest eingefahrenen Fehler, die erste Zeile der ersten Strophe des Liedes anders zu interpretieren, als sie Hoffmann von Fallersleben gemeint und ausgedrückt hat. Er schrieb eben nicht "über allem", sondern "über alles". Die falschen Interpreten, ob sie nun Hitler oder sonstwie hießen, ignorierten den Unterschied zwischen zwei Ausdrucksweisen: 1. Ich liebe dich über alles und 2. Meine Nation steht über allem.

Hoffmann von Fallersleben beschrieb die erste Ausdrucksweise und nicht die zweite. Deutsche dürfen nicht vor Falschinterpreten, erst recht nicht vor einem Hitler, kapitulieren! Sie täten gut daran, den irren Fanatiker Hitler geistig zu besiegen und beim Germanisten und Professor Hoffmann von Fallersleben in den Unterricht zu gehen. Betrachten wir das Lied aber auch im historischen Kontext! Darüber hatte ich vielfach geschrieben. Fallersleben beschwor eine Einigkeit deutscher Kleinstaaten, die es dann nie gab. Das Deutsche Reich entstand nach 1870/71 auf Druck Preußens, ein Nachhelfen, mit dem Fallersleben einverstanden war. Das Wort "Einigkeit" wurde das Problem, nicht die nationale Einheit. Politisch und ideologisch bedeutet "Einigkeit" immer Diktatur, diktierte Einigkeit. Preußen begann damit. Einigkeit und Freiheit widersprechen sich also. (4)

Wegen des problematischen anderen Ausdrucks in der dritten Strophe, nämlich "brüderlich mit Herz und Hand" tendiere ich zu meiner alternativen Strophe, die für beide Geschlechter gilt, wie auch die gesamte Nation-Hymne. Nach dieser persönlichen Empfehlung würde Deutschland von der dritten Strophe in der jetzigen Form Abschied nehmen. Eine harmonische Gesellschaft kann eine Dominanz des Männlichen nicht brauchen. Zuviel Unglück basiert auf der Disharmonie, so zum Beispiel dem "festen Schritt" männlicher Kolonnen in der Hitler-Diktatur. Einigkeit wurde zur erzwungenen, propagandistisch indoktrinierten Droge, einer Droge deutscher Überheblichkeit zum existenziellen Schaden anderer Völker, Ethnien, Religionen und Minderheiten.


Nun die letzte Fassung der Nation-Hymne vom 14/August/2011:

1. Strophe HvF + micha vRhein 
Deutschland geht uns über alles,
über alles in der Welt,
weil es uns und unsre Kinder
unter seinen Schutzschirm stellt!
Von den Küsten zu den Alpen
über Flüsse, Seen erschallt:
Deutschland, Deutschland über alles,
über alles in der Welt!


2. Strophe HvF + micha vRhein 
Präzision und deutsches Wissen,
Finder-Geist auf hohem Rang,
sollen in der Welt behalten
ihren alten guten Klang.
Uns für Taten zu begeistern
unser ganzes Leben lang,
lernen wir von alten Meistern
wie auf einem Studiengang.

3. alternative Strophe HvF + micha vRhein 
Freiheit, schöpferisches Leben
überall im ganzen Land!
Danach lasst uns alle streben,
allesamt mit Herz und Hand!
Freiheit, Recht und Chancengleichheit
sei das dauerhafte Band;
blüh' im Glanze unsrer Freiheit,
blühe, deutsches Vaterland.

4. Strophe micha vRhein  
Deutschland haben wir zur Seite!
Friede dem vereinten Land; (5)
restauriert sind alte Städte,
schön der Küsten weißer Sand;
Schlösser, Burgen, Glocken, Feste,
Goethe, Dürer, Schliemann, Kant –
fast unendlich scheint die Liste,
ja, wir lieben dieses Land.

5. Strophe micha vRhein 
Humboldt-Universitäten,
Sprachenschulen und Museen
werden Deutschland weiterbringen,
Ziele vor den Augen steh'n.
Jung, mit allen wachen Sinnen,
formen wir das schöne Land.
Neue Zeiten zu beginnen,
liegt in unsrer aller Hand.

6. Strophe micha vRhein 
Bachs gemischte große Chöre,
Schumann, der ins Inn’re dringt,
Beethoven uns ganz gehöre,
Mozart oder Pop, singt singt!
Lasst uns musizieren, scherzen;
draußen sinkt die Abendglut,
Kinder halten Friedenskerzen,
Lichter geben Kraft und Mut.

7. Strophe micha vRhein 
Unsre Heimat tief im Herzen
reichen wir der Welt die Hand.
Menschenrechte, Würde, Wissen
sind das einigende Band.
Hohe Werte auf Terrassen
der Geschichte dieser Welt
wollen lernend wir erfassen!
Strahle Deutschland, strahl wie Gold!



________________________

(1)
Die Liebes-Erklärung von Hofmann von Fallersleben wurde von mir ganz nach unten verschoben. In der ersten Zeile dieser Strophe wurde bereits klar, dass nicht Überheblichkeit, sondern Liebe zum eigenen Land gemeint ist.

(2)
Der treffende Gedanke ist einem Artikel der SZ zu entnehmen, den ich oben verlinkt habe. Dort heißt die Überschrift: "Eingemauert in Ruinen". In Ruinen ist sachlich falsch. Es kann heißen: Eingemauert auf Ruinen. Es ist ja nun nicht so, dass in der DDR nicht gebaut wurde, Plattenbauten entstanden etc. Google will das Stichwort "Eingemauert auf Ruinen" noch nicht annehmen, sondern schwenkt partout zum Ausdruck "Eingemauert in Ruinen". Ein sprachlicher Fehler kann sich förmlich festfressen.

(3)
Das Bild ist grafisch nicht gut, ich weiß es, will es aber so. Ich will die erste Strophe des Deutschland-Liedes über dem Beginn des Mauerbaus haben.

(4)
Die seltene Einigkeit zwischen Eheleuten, Liebenden, Freunden, Logen-Brüdern etc ist nicht gemeint, an so etwas verschwommen Schönes denken jedoch die meisten, reinster Kitsch! Eine demokratische Nation ist für Einheit geeignet, für Einigkeit aber zu groß. Eine Diktatur verwechselt Einigkeit mit Größe, will Größe und erzwingt Einigkeit.

(5)
Statt "Friede will das reiche Land", geändert 20/Nov/2011


_________________________

Nachtrag 20 und 28/August/2011, am 28sten der Absatz mit Fett-Schrift

Bei der Siegerehrung zweier erfolgreicher deutscher Kanutinnen wurde während der Kanu-Weltmeisterschaft in Ungarn am Freitag irrtümlich die erste Strophe des Deutschlandliedes gespielt, weil ein Kontroll-Gerät nicht funktionierte. Es erklang also: Deutschland, Deutschland über alles etc.

Der Bericht trieft: Ungarn "entschuldigt sich", der Bundes-Trainer "entsetzt" "nicht akzeptabel", der deutsche Verband erteilte "Absolution", "Die erste Strophe wird mit den Untaten der Nationalsozialisten und ungehemmtem deutschem Expansionsdrang assoziiert", "geächtete Strophe",  "schnell zu den Akten legen", "unverzeihlicher Fehler".

Wenn die erste Strophe des Deutschland-Liedes von Hoffmann von Fallersleben, deren historische Schöpfung ich achte, wirklich so entsetzlich ist, warum hat man dann akzeptiert, dass die dritte Strophe desselben Liedes von Helmut Kohl 1991 zur National-Hymne erklärt wurde? Mit Hannelore Kohl möchte ich Deutschland nicht mit den Augen Kohls sehen, Europa auch nicht und erst recht nicht die von ihm geschickt lancierte National-Hymne in der jetzigen isolierten Form, deren Eingangs-Wort "Einigkeit" an den "Einheits-Kanzler" erinnern soll.

Nun will nicht nicht schon wieder klamüstern, dass Einigkeit und Einheit zwei völlig verschiedene Paar Schuhe sind. Einigkeit in einem großen Land gibt es nicht, in einem demokratischen erst recht nicht, es sei denn, eine Diktatur zwingt Einigkeit auf, oder ein Egomane wie Kohl will die Einigkeit hinter seiner Person. Er konnte sie nicht einmal zwischen sich und seiner Frau Hannelore erreichen. Sie wurde licht-krank davon, starb daran, eines der ganz traurigen Ereignisse deutscher Geschichte.

Wenn die dritte Strophe nun also isoliert da steht, ohne den historischen Kontext, als Einheits-Staats-Insignie Kohls, beschleicht mich, und hoffentlich nicht nur mich, ein Gefühl des Unbehagens, das leicht in beißende Kritik, Satire und Hohn umschlagen kann. Das Wort "Einigkeit" verweist auf Hitler, wenn schon, und nicht der Satz: "Ich liebe Deutschland über alles"; das bedeutet "Deutschland, Deutschland über alles" nämlich, nach dem grammatikalischen Verständnis von Hoffmann von Fallersleben, der Germanistik-Professor war.

Das derartig in den Vordergrund gestellte Wort "Einigkeit" am Anfang einer Nationalhymne, wie eine Marsch-Kolonne hinter politischer Absicht, "verdirbt" nun die ganze Strophe, auch wenn sie von HvF stammt. Er wollte ja nur die Einigkeit der damaligen Kleinstaaten Deutschlands, eine Nation wie andere Nationen zu werden, und akzeptierte das Diktat Preussens, als die Einigkeit nicht zustande kam.

Der Fehler steckt bereits in der ersten Strophe von HvF, der das Lied mit "das Lied der Deutschen" betitelt, nicht etwa mit "das Land der Deutschen", dann aber einen National-Staat "Deutschland" herbei sehnt, den es noch nicht gibt und dem er gleich eine Vision zuteilt, wenn es ihn denn gäbe, nämlich im Gefühl eines Schutz- und Trutz-Bündnisses stets brüderlich zusammen zu halten, Angriffen von außen zu trotzen. Darauf bezieht sich das Wort "Einigkeit" der dritten Strophe, da das Sprachgebiet der Deutschen beispielsweise von den Schweden und von Napoleon angegriffen worden war. Die Zeilen sind historisch gebunden und lassen sich nicht einfach auf ein Deutschland übertragen, das wiederholt andere Länder angegriffen hat. Die "unschuldige" Situation vor Gründung des deutschen National-Staates darf nicht auf die "schuldige" Situation nach Hitler übertragen werden. Einigkeit symbolisiert die beiden Pole: Sehnsucht bei HvF wegen Napoleon und Zwangs-Einigkeit der Nazi-Ideologie. Wird der zweite Pol, Hitler-Einigkeit, einfach ignoriert, entsteht unrealistische Träumerei und Unbelehrbarkeit. Die Strophe wird zur Kitsch-Strophe, siehe unten: die Kitsch-Hymne.

Einigkeit widerspricht bereits in der gleichen Zeile einem anderen Wort: Freiheit. Da haben wir den Wurm schon in der ersten Zeile der Strophe, wenn diese zur National-Hymne erklärt wird. Die Architektur gerät bereits aus den Fugen, ehe die weiteren Zeilen kommen. Nicht Liebe zum Land darf der deutsche Michel singen, sondern er muss abstrakte Begriffe aufzählen, die sich in sich widersprechen, ehe er zur zweiten Zeile kommt.

Die Zeit ist zu kurz, um das nächste Wort zu überlegen, die schöne Melodie aus Österreich rauscht über es hinweg: "Für". "Für das deutsche Vaterland". Bei HvF war dieses Ziel ein Vision, wir aber, mitsamt unserer Hymne, haben es. Der einiglich zurecht gebogene Michel soll sich nun opfern. Nicht seine Gefühle für Deutschland stehen oben an, sondern die Zuteilung von abstrakten Begriffen "für" etwas ganz anderes als er selbst, etwas, das schon besteht und das ihn ganz kleine erscheinen lässt, das die Politik in Berlin für ihn regelt, eine Politik, die ein Drittel der Deutschen in die Verarmung entlassen hat.

Michel wird missbraucht. Er soll Einigkeit hinter einem Recht empfinden, das für ihn meist eine "Inkasso-Jagd" von Juristen bedeutet. Hinter indirekten Steuern, Gebühren, Ämter-Einreden, Erlassen und Verfügungen soll er seine nationale Freiheit spüren. Er ist nicht einmal so frei, dass er seine Liebe zu seinem Land singen darf. Die betreffenden Zeilen des Deutschland-Liedes sind "geächtet".

Für's Vaterland "brüderlich mit Herz und Hand" sollen wirklich alle streben, aber alle können es nicht sein. Wo bleiben diejenigen, die "schwesterlich mit Herz und Hand" für's Mutterland streben, einig und unisono? Auch hier winken die männlichen Kolonnen der Nazis herüber, die eine männliche Herren-Rasse und eine weibliche Gebähr-Rasse kreierten. Darüber sollte Einigkeit bestehen, diejenigen, die sich nicht dazu bekannten, wurden ins KZ gesteckt, ermordet oder in grausigen Arbeits-Lagern ihrem Siechtum überlassen.

Schon in den ersten vier Zeilen der dritten steckt mehr Nazismus als in der ersten Strophe.

Nun kommt es dick. Das Gemisch soll "des Glückes Unterpfand" sein. Kein schönes Wort, von HvF aber als so etwas wie ein Vertrag des deutschen Staatenbundes gemeint. Heute wird eine bestehende politische Parteien-Klasse besungen, und der deutsche Michel soll glücklich sein. Dann ist er ruhig. Die letzten beiden Zeilen will ich besser gar nicht erst besprechen. Das Endergebnis ist:

Die Kitsch-Hymne

Deutschland hat die kitschigste Hymne aller Nationen. Der Bürger wird geblendet, so dass er sich selbst vergisst. Er merkt nicht, dass er gar nicht beteiligt ist. Da soll etwas im "Glanze dieses Glückes" blühen, das er hat: eine Regierung, die 2 Billionen Staats-Schulden auf seine Schultern geladen hat. Kitsch, Kitsch und nochmal Kitsch, typisch deutsch? Wenn die Nation-Hymne nicht wäre. Auch sie ist typisch deutsch, wie Hoffmann von Fallersleben, in einem besseren Sinne, denke ich mal.


Siehe auch einen Artikel über viele Textvorschläge zur ersten Strophe des Deutschland-Liedes in den Jahren der Gründung der Bundes-Republik Deutschland, die jetzt entdeckt wurden. Die Nation-Hymne trifft die damalige Wunschliste genau. Sie ist somit die gesuchte "Superhymne".


Ergänzung 19/Jan/2012

Die aktuelle deutsche Nationalhymne, denke ich, ist Kitsch. Das schrieb ich heute als Antwort auf eine Frage einer neuen Internet-Seite mit dem Namen "Eine Nation und ihre Hymne", die nun schon "neueste Beiträge" hat. Sie entstand "eigentlich nur im Rahmen eines Semester Projekts der dhbw Ravensburg und soll nur die Verbindung der internen Website mit den social media aufzeigen. Es war ein Projekt im Studiengang Mediendesign, bei dem es hauptsächlich um die grafische und konzeptionelle Umsetzung ging." So wurde es mir erklärt. Meine Texte befinden sich unter "Meinungsvielfalt" und "Geschichte". Also denn:

Die aktuelle deutsche Nationalhymne, denke ich, ist Kitsch. Einigkeit für ein ganzes Volk und Freiheit widersprechen sich, Recht und Freiheit mittlerweile auch. Recht sollte man nicht besingen, sondern verankern, wenn es gut ist und ein Volk damit nicht geknebelt wird. Liebe zu meinem Land oder "Menschenrechte" kann ich nicht besingen, sind in der Nationalhymne nicht erwähnt. Der "Glanz des Glückes" hängt in der Luft. Der Grund für ein solches Gefühl fehlt. Das verschrobene Wort "Unterpfand" kann erst recht kein Grund für ein Glücksgefühl sein. Der historische Hintergrund ist in der einen Strophe nicht erkennbar, kann nicht einmal erahnt werden. Diese "Einigkeit-Hymne" wird laufend Partei-politisch missbraucht. Des Volkes Einigkeit mit einer Partei oder unserem Schulden-Staat ist das Ziel. Das "Recht" ist der erhobene Zeigefinger dazu. Diese Hymne wird von etablierten Parteien deshalb bis aufs Blut verteidigt. Sie ist Opium für das Volk zwecks Macht-Erhalt. Eine neue Hymne hat keine Chance, jemals von "oben" gefördert zu werden. Leider erkennen die meisten Bürger die Verlogenheit nicht. Sie schauen nicht so genau hin, und die geklaute Melodie ist ja auch so schööööön, ebenso wie das Wort Einigkeit, das genetische Urgefühl für Zweisamkeit.

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